Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren auch im Bildungsbereich Einzug gehalten und bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Lehrende und Lernende. Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Auswirkungen der KI-Nutzung speziell bei Schülerinnen und Schülern, wobei jedoch auch interessante Rückschlüsse für die Erwachsenenbildung gezogen werden können. Viele Schüler nutzen KI bereits aktiv, selbst ohne dass die Schulen dies offiziell eingeführt hätten. Doch wie genau beeinflusst KI das Lernen, und welche Möglichkeiten und Risiken ergeben sich daraus?
Die Chancen: Wie KI das Lernen personalisieren kann
Ein klarer Vorteil der Nutzung von KI liegt im personalisierten Lernen. KI-Systeme sind in der Lage, Lernaufgaben und Ressourcen an die individuellen Bedürfnisse jeder Lernenden anzupassen. Ein Lernprogramm kann die Stärken und Schwächen der Nutzer:innen erkennen und darauf abgestimmte Aufgaben bereitstellen. Dadurch wird das Lernen effizienter und effektiver. Die gezielte Beschäftigung mit Inhalten, die den eigenen Fähigkeiten entsprechen, macht das Lernen nicht nur angenehmer, sondern auch motivierender. Denn wenn Lernende ihre Fortschritte klar erkennen können, steigert dies ihre Motivation und führt langfristig zu besseren Lernergebnissen.
"Der Einsatz von KI als Lernwerkzeug konnte eine Lernsteigerung von bis zu 127% erzeugen."
Ein Beispiel für den Erfolg von KI zeigt sich in einer Studie, bei der der Einsatz von GPT-4 als Tutor zu einer kurzfristigen Leistungssteigerung von 48 bis 127 Prozent führen konnte. Dies verdeutlicht das enorme Potenzial, das KI als Lernwerkzeug mit sich bringt. Durch sofortiges Feedback und individuell angepasste Erklärungen hilft KI den Schülern, die Lerninhalte besser zu verstehen und schneller Fortschritte zu machen. Diese direkte Unterstützung kann das Verständnis vertiefen und so den Lernprozess nachhaltig verbessern. (vgl. 1)
Besonders im Fremdsprachenunterricht zeigt sich das Potenzial der KI-Technologien. Fortschrittliche Sprach- und Textanalysen helfen dabei, Sprachkenntnisse zu verbessern, indem gezielte Hinweise zur Grammatik oder Aussprache gegeben werden. Diese Art der Unterstützung erlaubt eine intensivere Auseinandersetzung mit den Sprachstrukturen, die für ein echtes Verständnis notwendig sind. Solche Technologien bieten neue Perspektiven für das Lernen und ermöglichen es den Schülern, auf einem individuell angepassten Niveau zu arbeiten, was besonders beim Sprachenlernen von großer Bedeutung ist. Mit KI können Schüler nicht nur Vokabeln und Grammatik lernen, sondern auch authentische Konversationen üben, die oft als der schwierigste Teil des Fremdsprachenerwerbs gelten. (vgl. 2)
Ein weiteres Beispiel für die Vorteile der KI im Bildungsbereich ist die Möglichkeit, interaktive Lernumgebungen zu schaffen, die die aktive Teilnahme der Schüler fördern. KI-gestützte Simulationen und virtuelle Umgebungen ermöglichen es den Schülern, komplexe Sachverhalte zu begreifen, indem sie das Gelernte in realistischen Szenarien anwenden. Dies ist besonders in den Naturwissenschaften hilfreich, wo abstrakte Konzepte oft schwer zu verstehen sind. Durch die Nutzung von KI können Schüler Experimente simulieren und komplexe Zusammenhänge anschaulich erlernen.
Die Risiken: Herausforderungen bei der Nutzung von KI
Trotz der beeindruckenden Möglichkeiten gibt es auch Risiken, die beim Einsatz von KI im Bildungsbereich bedacht werden müssen. Eine Studie der University of Pennsylvania zeigte, dass Schüler, die sich stark auf KI als Lernhilfe verlassen hatten und dann auf diese Unterstützung verzichten mussten, um 17 Prozent schlechter abschnitten als jene, die nie Zugang zu KI hatten. Das verdeutlicht, dass eine zu starke Abhängigkeit von KI das eigene Verständnis beeinträchtigen kann. Schüler, die sich zu sehr auf die KI-Unterstützung verlassen, haben oft Schwierigkeiten, das Gelernte ohne technische Hilfsmittel anzuwenden und ihr Wissen zu vertiefen. Langfristig kann das zu einer Schwächung der Selbstständigkeit und der Problemlösefähigkeiten führen. (Vgl. 1)
Ein weiteres Risiko liegt in der Gefahr der unkritischen Übernahme von Informationen. Viele Schüler wissen nicht, dass KI-generierte Inhalte fehlerhaft oder ungenau sein können. Wenn diese Inhalte ohne Überprüfung übernommen werden, kann dies zu Missverständnissen und falschem Wissen führen. Deshalb ist es dringend notwendig, dass Schüler lernen, die von KI gelieferten Ergebnisse kritisch zu hinterfragen. Die Fähigkeit, Informationen zu bewerten und eigenständig nachzuprüfen, muss gefördert werden, damit die Schüler nicht blindlings auf die Ergebnisse der KI vertrauen. (Vgl. 3) Dieses Phänomen ist ebenfalls in der Erwachsenenbildung zu hinterfragen. Auch hier sollte darauf geachtet werden dass, Lernende ihre Ergebnisse überprüfen und sich damit nebenbei auch mit der Materie vertieft beschäftigen.
Ein weiteres Problem betrifft die Leistungsbeurteilung: Mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen sind besorgt, dass ihre eigenen Leistungen nicht mehr von denen unterschieden werden können, die durch KI generiert wurden. Diese Unsicherheit stellt Schulen vor neue Herausforderungen, da traditionelle Bewertungsmaßstäbe an ihre Grenzen stoßen. Wenn Aufgaben teilweise oder sogar vollständig von KI erledigt werden, wird es schwierig, die realen Fähigkeiten eines Schülers zu beurteilen. Diese Problematik könnte dazu führen, dass Schüler weniger Anreiz haben, sich eigenständig anzustrengen, was sich negativ auf die langfristige Qualität des Lernprozesses auswirkt. (Vgl. 3)
Die Meinung der Lernenden: Chancen und Forderungen
Die Mehrheit der Jugendlichen steht der Nutzung von KI positiv gegenüber. 73 Prozent der befragten Jugendlichen sehen eher die Chancen im Einsatz von KI in der Schule. Viele Schüler:innen nutzen KI-Anwendungen bereits eigenständig, auch ohne dass ihre Schulen sie dazu anleiten. Dies zeigt, dass die Lernenden proaktiv sind und das Potenzial von KI erkennen. Diese Eigeninitiative deutet darauf hin, dass viele die Vorteile, die KI ihnen bieten kann, verstehen und gezielt nutzen. Gerade in Zeiten von Home-Schooling oder Fernunterricht kann KI eine wertvolle Unterstützung sein, die hilft, den Lernalltag zu strukturieren und Inhalte effektiv zu vertiefen. (Vgl. 3) Schüler:innen von heute sind die Lernenden in Unternehmen von morgen. Auch hier muss klar sein, dass die neue Generation von Arbeitnehmerinnen, ein vollständig anderes Bild mitbringen werden was lernen ist und wie eine gute Qualifikation aussehen muss im Vergleich zu heutigen Methoden und Ansätzen.
"73% der Jugendlichen sehen eher die Chance in der Nutzung von KI als Lernunterstützung"
Dennoch gibt es auch klare Forderungen der Schüler: Sie wünschen sich neue, kompetenzorientierte Prüfungsformate. Statt nur Faktenwissen abzufragen, wollen sie eine Bildung, die praxisnah ist und ihre Problemlösefähigkeiten entwickelt. Sie möchten im Umgang mit KI-Systemen besser angeleitet werden, um die Vorteile sicher und bewusst nutzen zu können. Das bedeutet, dass Schulen nicht nur die Technologie selbst in den Unterricht integrieren sollten, sondern auch die Fähigkeiten vermitteln müssen, diese kritisch und effektiv zu nutzen. Die Schüler möchten in der Lage sein, KI nicht nur als Werkzeug zu verwenden, sondern auch deren Funktionsweise zu verstehen und die Grenzen der Technologie zu erkennen.(Vgl. 3)
Die Forderung nach einer Skill- und Kompetenzorientierung ist ebenfalls in der Erwachsenenbildung und den Unternehmen angekommen. Aktuelle Lernmanagementsysteme und Methoden kommen an der Skill- und Kompetenzorientierung nicht mehr vorbei. Growify ist hier ein gutes Beispiel.
Herausforderungen für die Schulen: Der Nachholbedarf
Trotz des großen Interesses der Schüler:innen gibt es eine Diskrepanz zwischen Interesse und Umsetzung in den Schulen. 75 Prozent der befragten Jugendlichen gaben an, dass KI an ihrer Schule kein Thema sei oder sogar verboten ist. Hier besteht eindeutig Nachholbedarf. Schulen müssen die Chancen, die KI bietet, nutzen und ihre Lehrpläne entsprechend anpassen. Die Zurückhaltung vieler Schulen könnte durch fehlendes Wissen oder unzureichende Ressourcen begründet sein. Es ist notwendig, Lehrkräfte zu schulen, damit sie sicher im Umgang mit KI sind und die Potenziale der Technologie für den Unterricht nutzen können. (Vgl. 3) KI im Einsatz für Schulen ist aktuell noch nicht final geklärt und für Schulen ein eher unsicheres Feld. Mit dem AI-Act (Vgl. 4) sind hier für die EU Grundlagen gelegt werden an denen sich Hersteller solcher Systeme ausrichten können. KI im Einsatz von Lernumgebungen werden als "Hochrisiko Systeme" eingestuft. Mit dieser Einstufung folgen Pflichten, die ein Hersteller solcher Anwendungen bis 2026 Umsetzung muss.
Nicht desto trotz muss klar sein, dass Lernende KI in im privaten Umfeld nutzen. Sie wird genutzt für Recherche Arbeiten, Erzeugung von Inhalten, Überarbeitung von Ausarbeitungen, Erklärung von Fragestellungen der Lernenden. So oder, sollten unsere Schulen bereits jetzt die Medienkompetenz stärken, um sicher zu stellen das KI sicher zum Lernen eingesetzt werden kann.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die kritische Medienkompetenz. Schulen müssen sicherstellen, dass Schüler lernen, KI-generierte Inhalte kritisch zu hinterfragen und zu bewerten. Dies ist eine zentrale Fähigkeit im 21. Jahrhundert, in dem Technologie immer mehr Lebensbereiche bestimmt. Schüler müssen lernen, die Qualität von Informationen zu bewerten, Quellen zu hinterfragen und zu erkennen, wo die Grenzen der Technologie liegen. Außerdem besteht der Bedarf nach neuen Prüfungsformaten, die praktische Anwendungen und Problemlösefähigkeiten in den Fokus stellen. Prüfungsformate, die den Einsatz von KI bewusst einbeziehen und den Fokus auf Problemlösungsstrategien legen, könnten dazu beitragen, den Bildungsansprüchen der heutigen Zeit gerecht zu werden. (Vgl. 3)
Fazit: Ein bewusster Einsatz von KI für eine bessere Bildung
Der Einsatz von KI im Bildungswesen bietet zahlreiche Möglichkeiten, um das Lernen personalisierter und effizienter zu gestalten. KI-Systeme können eine wertvolle Ergänzung zum traditionellen Lernen sein und den Lernprozess durch gezielte Unterstützung und Feedback verbessern. Gleichzeitig birgt der unkritische Umgang mit KI Risiken, die nicht unterschätzt werden dürfen. Die Gefahr, dass lernende ihre eigenen Fähigkeiten nicht mehr unabhängig von der Technologie entwickeln, ist real.
Es liegt an den Unternehmen und Bildungseinrichtungen, neue Lehr- und Prüfungskonzepte zu entwickeln und die kritische Medienkompetenz der Lernenden zu fördern, damit diese die Vorteile der KI verantwortungsvoll nutzen können. Der erfolgreiche Einsatz von KI im Bildungsbereich setzt voraus, dass Unternehmen, Ausbilder und Lernende zusammenarbeiten, um ein gesundes Gleichgewicht zwischen technischer Unterstützung und eigenständigem Lernen zu finden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Fähigkeiten entwickelt werden, die sie benötigen, um in der Zukunft erfolgreich zu sein – sowohl im Umgang mit modernen Technologien als auch in der Lösung realer Probleme.
Quelle:
1: Generative AI Can Harm Learning, https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4895486
3: Jugendliche & KI-Einsatz in der Schule | bildung.digital
4: Artificial intelligence act | Think Tank | European Parliament